Der Fotorahmen

Wie lange stand er jetzt schon da und blickte auf das Foto, das auf dem Kaminsims stand? Schöne Erinnerungen kamen in ihm hoch. Erinnerungen, die schon lange hinter ihm lagen, ihm aber am heutigen Tag vorkamen, als wäre es erst gestern gewesen.

Das Foto zeigte ihn, umgeben von seinen Liebsten, seiner Familie. Wie alt waren seine Söhne damals gewesen? Vielleicht so acht, neun Jahre alt? Ja, das würde wohl in etwa hinkommen. Sie hatten an dem Tag ihren zehnten Hochzeitstag gefeiert. An dem Tag war sein Leben perfekt gewesen. Und dieser perfekte Tag passte ebenso perfekt in den silbrigen Fotorahmen, der ihm noch den gebührenden Glanz gab.

Der Rahmen war edel und aus echtem Silber, kam aber ganz ohne Schnörkel aus. Es war genau die Art von Rahmen, der zu seinem Leben passte: Nicht zu breit (er hatte darauf geachtet, dass er dem Foto nicht zu viel Platz wegnahm, aber gerade noch so teuer aussah, damit er den Wert des Bildes repräsentieren konnte) und nicht zu gross (denn auch das war ihm wichtig gewesen, er sollte nicht zu protzig und angeberisch wirken, aber trotzdem so, dass das Bild jedem sofort auffiel, der das Zimmer betrat).

Genau deshalb polierte er den Rahmen auch nach all den Jahren noch jede Woche. Er wollte, dass nichts von dem Glanz verblasste. In diesem Punkt war er abergläubisch. Warum wusste er selbst auch nicht genau, aber dennoch hatte er von Anfang an das Gefühl gehabt, dass dieser Rahmen sein perfektes Leben nicht nur umrahmte, sondern auch in gewisser Weise dafür verantwortlich war, dass sein Leben überhaupt so perfekt war und blieb.

Ja, genau so stellte er es sich vor. So könnte es vielleicht irgendwann mal sein, wenn er auf sein Leben zurückblickte. Er sollte den Fotorahmen wirklich kaufen, auch wenn er nicht gerade billig war. Das wäre zumindest mal ein Anfang.

Ungleiche Meinungen

Es ist

nicht alltäglich,

und trotzdem

normal.

Es ist

sehr speziell,

und trotzdem

banal.

Es ist

nichts für dich,

und trotzdem

alles für mich.

Änderung

ist nicht

in Sicht.

Träumen

image

Noch etwas unscharf

scheint der Mond

durch das tiefe Dunkel

des Schlafes

aber bald bin ich dort

hinter den Wolken

wo meine Träume

klar und hell

auf mich warten

Gefühle verstecken

Ich schrecke

davor zurück

zu meinen Gefühlen

zu stehen

damit ich

nicht Gefahr laufe

dass mein Gegenüber

vielleicht davor

zurückschreckt

nicht

zu seinen Gefühlen

zu stehen

denn das

hätte zur Folge

dass ich

vor nichts mehr

zurückschrecke

und Gefahr laufe

dass mein Gegenüber

vielleicht davor

zurückschreckt

weiter

zu seinen Gefühlen

zu stehen

Da schrecke ich

lieber zurück

und stehe dazu

Das Ende

Manchmal

geht ein Traum

von selbst zu Ende

noch bevor man

aufgewacht ist

Manchmal

begräbt man selbst

einen Traum

noch bevor man

eingeschlafen ist

Und obwohl sich

diese beiden Fälle

in ihrer Art

und Berechenbarkeit

stark unterscheiden

bleibt am Ende

für beide

die Trauer

um eine verpasste Chance

um ein verpasstes Glück

Leistungsdruck

Was ist gut?

Was gut genug?

Es geht immer mehr,

besser –

Batterien leer

Schreiben können

Ich könnte Schreiben

wenn ich nur Zeit dazu hätte

Ich könnte Schreiben

wenn ich wüsste worüber

Ich könnte Schreiben

wenn ich gerade inspiriert wäre

Ich könnte Schreiben

wenn sich meine Gedanken fassen liessen

Ich könnte Schreiben

wenn ich die Worte finden würde

Ja, wenn es so einfach wäre

könnte ich wirklich schreiben

Denn wäre nicht alles so einfach

wenn ich nur schreiben könnte?

Das Alleinsein

Das Alleinsein

hat viele Gesichter.

Manchmal macht es uns Angst.

Ja, manchmal ist es

die reinste Qual.

Manchmal fehlt es uns.

Dann ist es wie Balsam

auf unserer Seele.

Oft auch sind wir gar nicht allein,

doch es fühlt sich trotzdem so an.

Das ist die grausamste Art,

die uns zeigt,

dass wir besser allein wären.

Das Alleinsein

hat viele Gesichter.

Es liegt

allein

an uns

von welcher Seite

wir das Gesicht

im Spiegel betrachten.

Der Rahmen

graffiti rom

Alles ist möglich!

Das ist die Freiheit der Kunst.

Nur mit einer Einschränkung:

Die Kunst braucht einen Rahmen

 –

definiert und vorgegeben

durch die Gesellschaft,

die Kunst ohne Rahmen

nicht als Kunst wahrnimmt.

Der Kampf

Müde und verträumt

stemme ich mich jeden Tag

gegen das Leben da draussen

Ausserhalb meines Bettes

erscheint mir alles

wie ein grosser Kampf

Dabei bemerke ich gar nicht

dass auf meinen Schultern

schon längst ein Krieg tobt